Beispielhafte frühe Beteiligung in der Stadtentwicklung

Die Heidelberger Verwaltung kann gute Beteiligung. Frühzeitig, anregend und konstruktiv.

Foto: Michael Lobeck

Vor kurzem durfte ich in Heidelberg die Beteiligung von Anwohnenden und Vertreter:innen lokaler Organisationen und Politik mitgestalten, deren Grundlage von der Verwaltung beispielhaft organisiert worden war.

Es ging um zwei benachbarte Freiflächen und deren Anbindung an die nähere Umgebung. Anlässlich des Baus einer Flusswärmepumpe wird ein von Straßen umschlossener Raum neu geordnet. Die bisher wenig genutzte Grünfläche kann aufgewertet werden. Auch eine weitere Fläche, nur eine Straßenecke entfernt, wurde einbezogen.

Es gab noch keinen konkreten Entwurf, nur die Idee, im Zuge der Infrastrukturinvestition in die Flusswärmepumpe dem Stadtteil etwas Gutes zu tun. In Zeiten knapper Haushaltsmittel war jedoch unklar, ob eine Umsetzung möglich sein würde. Solche Unsicherheiten gelten oft nicht als Beispiel für gelungene Bürgerbeteiligung. Doch ich bin überzeugt, dass die Menschen nicht naiv sind. Sie verstehen, wenn man offen kommuniziert, dass noch keine endgültigen Entscheidungen möglich sind – und genau das tat die Heidelberger Verwaltung.

Karte hergestellt aus OpenStreetMap-Daten | Lizenz: Open Database License (ODbL)

Der eigentliche Clou: eine Mehrfachbeauftragung

Die Methode ist nicht neu, aber hier kam sie in einem sehr frühen Stadium zum Einsatz – und das mit großem Effekt. Drei Planungsbüros wurden für zwei Tage für einen Planungsworkshop engagiert, um Skizzen zu entwickeln: erste Ideen, was die Flächen leisten könnten und welche Aspekte zu beachten wären. Eineinhalb Wochen zuvor hatte ein Beteiligungsspaziergang stattgefunden, bei dem Anwohner:innen und Stakeholder bereits Hinweise einbringen konnten.

Die Wirkung auf die Teilnehmenden – direkte Anwohner:innen und verschiedene Interessengruppen – war bemerkenswert. Da die Skizzen ausdrücklich nur als erste Entwürfe gedacht waren, regten sie die Diskussion an, ohne den Druck zu erzeugen, unliebsame Lösungen sofort ablehnen zu müssen. Sie zeigten Potenziale auf und öffneten den Blick für neue Möglichkeiten.

Auch die Vertreter:innen mehrerer beteiligter Ämter hatten die Gelegenheit, Bürger:innen, Stakeholder und Kolleg:innen auf weitere Aspekte hinzuweisen. Diese Hinweise wurden nicht als Kritik an den Skizzen verstanden, sondern als gemeinsames Nachdenken darüber, was noch zu berücksichtigen sei. Das schuf eine konstruktive Atmosphäre.

Planung ist nicht trivial

Für die Bürger:innen wurde deutlich, wie vielschichtig Stadtplanung ist. Es galt, den Verkehr von Autos, ÖPNV, Radfahrer:innen und Fußgänger:innen heute ebenso zu bedenken wie die langfristige Verkehrsvision der Stadt. Die Nähe zur Wohnbebauung bot Chancen und Herausforderungen zugleich: Mieter:innen könnten sich über eine neue Freifläche freuen, aber auch Lärm durch zusätzliche Nutzer:innen befürchten. Die unklare Nachnutzung einer nicht mehr religiös genutzten Kirche direkt an einer der Flächen brachte weitere Unsicherheiten. Und wie sollte die Kita, die dort ihren Platz hat, von der Freifläche getrennt werden oder gerade nicht?

Die drei Büros präsentierten ihre Ideen in jeweils zehn Minuten. Danach konnten Verständnisfragen gestellt werden. Anschließend diskutierten die Teilnehmenden die Skizzen in Kleingruppen an drei Stationen. Nach 15 Minuten wechselten die Gruppen zur nächsten Station. Eine Abschlussrunde im Plenum bot Raum für übergreifende Schlussfolgerungen.

Einhellige Bewertung aller Beteiligten: Super Format.

Die wichtigsten Bausteine

  • frühzeitige Einbindung
  • Mehrfachbeauftragung von Ideenskizzen
  • Kommentare und Fragen von Bürger:innen und Vertreter:innen mehrerer Ämter
  • Kreisgespräche, bei denen jede:r zu Wort kommt
  • Zeit für Details und übergreifende Diskussionen

Es hat mir viel Spaß gemacht, die Büros und die Teilnehmer:innen durch die Veranstaltung zu führen.

Ein unspektakuläres aber äußerst wirksames Format. Zur Nachahmung empfohlen. Sprechen Sie mich gerne an.

Unter https://www.vielmehr.heidelberg.de/project/alfons-beil-platz/ finden Sie Informationen der Stadt Heidelberg zum Projekt.

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Der Autor: Michael Lobeck
Ich moderiere Veranstaltungen und berate öffentliche und private Akteure zu guter Kommunikation in der Stadtentwicklung. Ich halte auch Vorträge zu Sinn und Unsinn von Smart Cities und schreibe Bücher zu dem Thema. Wenn Sie mehr darüber erfahren wollen, was ich für Sie tun kann, melden Sie sich gerne bei mir.

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