Am 22. April 2023 veranstaltete der BDA Bonn-Rhein-Sieg einen Rundgang mit Diskussion zum Neuen Kanzlerplatz. Knapp 10 Jahre früher, im Jahr 2014, hatten wir noch über „die Zukunft des Bonn-Centers“ diskutiert und über studentische Entwürfe für die zukünftige Entwicklung von Gebäude, Grundstück und Quartier gesprochen. Das ist nun Geschichte.
Von 2018 bis 2022 wurde an der Stelle des 2017 gesprengten Bonn-Centers gebaut. Jetzt ist ein neues kleines Büroviertel entstanden mit durchaus beeindruckender Architektur, wie zahlreiche Teilnehmer:innen äußerten. Mario Pirwitz, Associate Partner von JSWD Architekten, führte die ca. 30 Teilnehmer:innen auf Einladung des BDA über das Gelände.
Mit über 100 Metern Höhe ist der Neue Kanzlerplatz nach Posttower und Langem Eugen das dritthöchste Gebäude Bonns. In den 28 Stockwerken befinden sich ausschließlich Büros – bis auf Gastronomieangebote im Erdgeschoss, die – während üblicher Bürozeiten – auch der Öffentlichkeit zugänglich sind.
Nicht alle Außenanlagen waren bei unserem Bsuch schon fertiggestellt und die Frage, ob es viel oder wenig Grün auf dem Gelände gibt wurde nicht einheitlich beantwortet. Einige Teilnehmer:innen vermissten mehr Grün, Mario Pirwitz betonte, dass jede Fläche, die nicht als unbedingt notwendige Verkehrs- und Sicherheitsfläche benötigt worden sei, aufwändig als Grünfläche gestaltet wurde.
JSWD Architekten hatten 2015 den Wettbewerb des damaligen Eigentümers Art-Invest Real Estate gemeinsam mit RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten gewonnen, die für die landschaftliche Gestaltung Verantwortung tragen.
An die Frage des Grüns schloss sich die Frage der Nachhaltigkeit an. Mario Pirwitz konnte nicht nur auf ein LEED Vorzertifikat in Gold verweisen, ein Siegel für ökologisches Bauen (Wikipedia) sondern betonte vor allem die auf eine lange Dauer angelegte Nutzbarkeit der Gebäude, ihre konstruktive und gestalterische Qualität, die entscheidend zu einer Langlebigkeit beitrügen und somit besonders energieeffizient seien.
Die Frage nach vorhandener Dachbegrünung und Photovoltaik musste er verneinen mit dem Hinweis, dass man das heute sicher anders planen würde und dass in der Prüfung sei, ob und wo noch nachgerüstet werden könnte. Die Stadt Bonn hatte im Rahmen der Schaffung von Planungsrecht ein Mobilitätskonzept verlangt, das unter anderem zahlreiche Radstellplätze mit Umkleiden und Duschen für Radpendler:innenin in der Tiefgarage vorsieht. Ein Mitarbeiter eines Mieters, der am Rundgang teilnahm, konnte bestätigen, dass diese rege genutzt würden.
Seit 2022 ist Union Invest Eigentümerin der Gebäude, die vollständig vermietet seien. Die Deutsche Bank / Postbank ist Hauptmieterin, über die Anmietung von Hochhausetagen für das Bundeskartellamt und die Bundeszentrale für politische Bildung war in der Bonner Öffentlichkeit schon diskutiert worden, weil die geäußerte über 20 Euro pro Quadratmeter Mietpreis einigen für Bundesbehörden zu viel erschienen. Insgesamt stehen gut 66.000 Quadratmeter Bürofläche zur Verfügung auf denen bis zu 4500 Menschen arbeiten können.
Weitere Mieter sind: der auf Steuer- und Wirtschaftsrecht spezialisierte Stollfuß Verlag, IT-Dienstleister CONET mit neuem Hauptsitz in Bonn, Design Offices als Co-Working Anbieter, Juhn Partner Steuerberater und der Betreiber des „Food Courts“, Food Affairs, der eine Kantine und ein Café betreibt, dass auch für Anwohner:innen und Gäste zugänglich ist.
Einige der Teilnehmer:innen äußerten die Sorge, dass bei Starkregen Oberflächenwasser in die direkt angrenzende, tiefer liegende Eduard-Pflüger-Straße laufen könnte. Mario Pirwitz war sich jedoch sicher, dass die unauffällig verbauten Entwässerungen Niederschläge aller Arten gut ableiten würden. Die Sorge, dass die Mitarbeiter:innen der Büros auch die angrenzenden Straßen zum Abstellen von Autos nutzen würden, hielt er aufgrund der ausreichenden Dimensionierung der Tiefgarage für unbegründet. Ob andersherum die Tiefgarage auch für Anwohner:innen geöffnet werden könnte, könne nur der Eigentümer beantworten.
Uneinig waren sich die Teilnehmer:innen, ob mit den Neubauten jetzt weniger öffentlicher Raum als zu Zeiten des Bonn-Centers zur Verfügung stünde. Während im Bonn-Center ein Supermarkt und eine Bowlingbahn untergebracht waren und das Pantheon Theater, gebe es jetzt die Kantine, die für die Öffentlichkeit nutzbar sei und einen deutlich attraktiver gestalteten Außenraum.
Die über 200 Anmeldungen für den Rundgang zeigen, dass ein großes Interesse daran besteht, aktuelle Bauvorhaben, die das Stadtbild prägen, kennenlernen zu wollen. Als nächstes Ziel ist die Poliklinik auf dem Programm des BDA. Ich freue mich, auch dort wieder mit interessierten Bürger:innen über gute Stadtentwicklung sprechen zu können.
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Der Autor: Michael Lobeck
Ich moderiere Veranstaltungen und berate öffentliche und private Akteure zu guter Kommunikation in der Stadtentwicklung. Ich halte auch Vorträge zu Sinn und Unsinn von Smart Cities und schreibe Bücher zu dem Thema. Wenn Sie mehr darüber erfahren wollen, was ich für Sie tun kann, melden Sie sich gerne bei mir.
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