Wie geht es weiter mit der Bonner Oper? – eine Exkursion mit dem BDA Bonn / Rhein-Sieg

Foto: Michael Lobeck; Front der Oper im Januar 2022

Braucht Bonn eine Oper? Ist das Operngebäude sanierungsfähig? Was bedeutet die Oper für die Stadtentwicklung und was die Stadtentwicklung für die Oper? Wie kann die Verbindung von Rheinufer und Innenstadt durch die Oper gestärkt werden und wie kann sie davon profitieren? Was sind die Herausforderungen für einen zeitgemäßen Opernbetrieb? Fragen über Fragen. Am Samstag, 5.2.22, haben 35 Teilnehmer*innen mit Generalintendant Dr. Bernd Helmich und Planungsamtsleiterin Petra Denny um die Oper von außen und innen zu inspizieren und nach Antworten zu suchen. Der BDA Bonn/Rhein-Sieg hatte eingeladen. Ich durfte moderieren.

Kurzfassung:

  • Die Oper ist sanierungsbedürftig, das war an der Fassade auch deutlich zu sehen.
  • Die Neugestaltung des Rheinufers ist in den Startlöchern, davon wird auch die Oper profitieren.
  • Der einstimmige Ratsbeschluss zur „Vorbereitung der ersten Schritte für eine Sanierung der Liegenschaften des Theater Bonn“ bringt trotz seines sperrigen Titels eine neue Qualität in die Debatte.
  • Die Oper soll – wenn irgend möglich – am Standort saniert werden.
  • Die Stadtgesellschaft soll noch mehr als heute von der Oper profitieren.

Zuerst ein Rundgang um die Oper. Vom Eingang nach rechts Richtung Boeselagerhof.

Foto: Michael Lobeck, Blick auf den Vorplatz vom Boeselagerhof

Blickt man auf die Fassade Am Boeselagerhof, erkennt man den „Vorhang“ über der Betonfassade, der verhindern soll, dass abplatzende Betonteile Passanten verletzen.

Foto: Michael Lobeck, Fassade am Boeselagerhof mit Schutzvorhang

Der Blick auf die Fassade macht schnell deutlich, dass hier Sanierungsbedarf besteht.

Foto: Michael Lobeck, Blick auf die Fassade am Boeselagerhof mit Betonabplatzungen

Ein paar Schritte weiter biegen wir in die Rheingasse ein. Hier wird nicht nur die Verbindung zwischen Innenstadt und Rhein deutlich, sondern auch die städtebauliche Einbindung zur angrenzenden Bebauung.

Foto: Michael Lobeck, Blick in die Rheingasse mit Werkstattbühne, Wohnbebauung und Rhein.

Auch an der Fassade der Werkstattbühne sind Schäden am Beton zu erkennen.

Foto: Michael Lobeck, Blick auf die Fassade der Werkstattbühne.

Eine Ecke weiter führt unser Weg auf das Brassertufer. Hier wir besonders deutlich, dass die Fassade der Oper bis auf die Front und den Eingang der Werkstattbühne fast völlig verschlossen ist. Für ein Gebäude in zentraler Innenstadtlage gibt es überraschend viele „Rückseiten“.

Foto: Michael Lobeck, Blick vom Brassertufer auf eine „Rückseite“ der Oper.

Die vorhandenen Fensterflächen im Erdgeschossbereich zeigen keine zugänglichen Bereiche des Hauses. Die jetzt noch als Abstellflächen für nicht benötigte PKW missbrauchten öffentlichen Flächen werden nach einer Umgestaltung des Rheinufers hoffentlich einer sinnvolleren Nutzung zugeführt.

Foto: Michael Lobeck, Blick auf Fassade und nicht benötigte PKW vom Brassertufer aus.

Schließlich kommen wir kurz vor der Kennedybrücke am Aufgang zur Oper an. Der ist – wie viele Teilnehmer*innen äußerten – nicht sehr einladend.

Foto: Michael Lobeck, Der wenig einladende Aufgang zur Oper und zur Innenstadt.

Frau Denny erläutert anhand der Pläne des Büros Planorama (pdf), das den Wettbewerb zur Gestaltung des Rheinufers gewonnen hat, wie der Zugang zur Oper und zur Innenstadt vom Rhein weiterentwickelt werden könnte. Aufbauend auf dem Masterplan Innere Stadt (pdf) entwickelt die Stadt Bonn an verschiedenen Stellen die Verbindung von Innenstadt und Rheinufer unter Nutzung von Fördermitteln weiter. Zur Neugestaltung der Rheinuferpromenade gab es auch eine umfangreiche Bürger*innenbeteiligung, wozu ich hier im Blog schonmal etwas geschrieben habe.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das Rheinufer schöner wird, und auch die Anbindung der Oper und der Innenstadt davon sicher profitiert. Während die Umgestaltung der Uferpromenade in den nächsten Jahren startet, wird die Neugestaltung des Aufgangs zur Oper und die Gestaltung des Übergangs zur Innenstadt jedoch noch länger auf sich warten lassen. Im bewilligten Förderantrag sind dafür noch keine Mittel enthalten.

Foto: Michael Lobeck, Im Zuschauersaal erläutert Jens Lorenzen, Technischer Direktor und Ausstattungsleiter des Theater Bonn die Sanierungsbedarfe der Oper.

Nach der städtebaulichen Einordnung erläutert Jens Lorenzen, Technischer Direktor und Ausstattungsleiter des Theater Bonn, die Sanierungsbedarfe der Oper. In der Presse ist schon seit Jahren davon zu lesen, dass Brandschutz und Bühnentechnik immer mal wieder ergänzt und erneuert werden müssen. Teile der Lüftungsanlage sind zum Beispiel noch aus den 60er Jahren. In Teilen des Gebäudes mussten Wandverkleidungen und Teppichböden aus Brandschutzgründen entfernt werden. Ein umfassendes Sanierungskonzept wäre hilfreich.

2020 schrieb die Zeitschrift neue musikzeitung in einem Bericht über die Sanierung von Opernhäusern im Bundesgebiet zum Beispiel Bonn noch: „Nach dem Desaster um das WCCB-Kongresszentrum, bei dem die Stadt wider besseren Wissens von einem betrügerischen Investor um Millionen geprellt wurde, und der finanziell wie zeitlich völlig aus dem Ruder gelaufenen Sanierung der Beethovenhalle ist man in Bonn in eine Art Schockstarre verfallen. Generalintendant Bernhard Helmich bleibt einstweilen nichts Anderes übrig, als das Schlimmste mit den nötigsten Maßnahmen zu verhindern. Viel mehr kann er im Hinblick auf den bedenklichen baulichen Zustand seines Hauses derzeit nicht tun.“

Jetzt hat sich der Rat am 9.12.21 einstimmig auf ein Vorgehen verständigt, wie die Herausforderungen grundsätzlich angegangen werden sollen. Generalintendant Dr. Bernhard Helmich, der kaufmännische und künsterische Leiter aller drei Sparten Schauspiel, Oper und Tanz, erläutert, dass nun Klarheit besteht, dass das Opernhaus am Standort saniert werden soll.

Die Koalitionsvereinbarung von Bündnis90/Die Grünen, SPD, Die Linke und Volt sagt dazu auf S. 49: „Schauspielhaus und Operngebäude müssen dringend saniert werden. Wir wollen eine Sanierung im Bestand, die nach Möglichkeit bei laufendem Betrieb erfolgen soll.“

Dazu muss jedoch untersucht werden, ob das Gebäude sowohl von seiner Substanz, als auch von dem räumlichen Möglichkeiten sanierungsfähig sei und heutigen Ansprüchen gerecht werde. Sollte das nicht der Fall sein, käme – im Notfall – auch die Option eines Neubaus vor der Beethovenhalle in Frage. Die Möglichkeit hierzu soll parallel untersucht werden, um im Falle der Nicht-Sanierbarkeit im Bestand keine Zeit zu verlieren.

Zu grundsätzlichen Fragen, welche Rolle die Oper für die Stadt habe, wie viele und welche Menschen von dem Angebot Gebrauch machen und was es mit der Öffnung in die Stadtgesellschaft auf sich hat, die sowohl im Koalitionsvertrag als auch im Ratsbeschluss erwähnt wird, äußerte sich Bernd Helmich sehr zuversichtlich. Neben zahlreichen Angeboten, die bereits jetzt unter dem Titel „Portal“ („Plattform Orchester und Theater für Alle!“) eine Öffnung intensiv betreiben, soll weiter untersucht werden, was in den bestehenden und zu sanierenden Räumlichkeiten von Oper, Tanz und Schauspiel an den Standorten Bonn, Godesberg und Beuel möglich ist.

Aber auch jetzt schon erreiche man alle Altersstufen und nicht nur die Zielgruppe des Bildungsbürgertums. Mit Musical-Aufführungen (z.B. Chicago) würden zum Beispiel pro Jahr ca. 25.000 Besucher*innen erreicht, von denen vielleicht nicht ganz so viele sonst auch in die Oper gingen. Und es sei die Aufgabe derjenigen, die Oper machten, zu vermitteln, was daran so faszinierend und für die Gesellschaft bereichernd sei.

Wie wir auch bei unserem Rundgang bemerkten, können nicht einfach zu den Zeiten, an denen keine Vorstellung ist, einfach alle Räume extern genutzt werden. Neben Proben und Bühnenarbeiten finden im Haus zahlreiche Veranstaltungen statt. Wenn es weitere Nutzungen der Räume durch die Stadtgesellschaft geben soll, gibt es einen großen logistischen Aufwand der Koordination. Das scheint nicht unmöglich, es wird aber auch jemand bezahlen müssen.

Foto: Michael Lobeck, Die Teilnehmer*innen im Gespräch mit Jens Lorenzen, Technischer Direktor und Ausstattungsleiter des Theater Bonn.

Den gut 30 Teilnehmer*innen, Petra Denny, Jens Lorenzen und Dr. Bernd Helmich herzlichen Dank für diese sehr informativen zwei Stunden! Dem BDA Bonn/Rhein-Sieg herzlichen Dank für die Initiative und Organisation.

Nutzen Sie die zahlreichen Angebote von Schauspiel, Oper und Tanz. Es ist ganz einfach.

Wenn Sie diesmal nicht dabei sein konnten, schauen Sie ab und an mal auf die Seite des BDA Bonn / Rhein-Sieg. Es gibt immer wieder spannende Veranstaltungen.


Weitere Blogbeiträge zur Stadtentwicklung finden Sie hier

Weitere Blogbeiträge zur Moderation finden Sie hier

Update 11.2.22: Ich hatte dem technischen Direktor des Theater Bonn irrtümlich einen falschen Vornamen gegeben. Er heißt: Jens Lorenzen. Das ist jetzt korrigiert.

Update 18.2.22: Die Initiative für eine gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung in Bonn #WirsindStadt hat auch einen Beitrag zur Veranstaltung verfasst: https://wir-sind-stadt.net/wie-geht-es-weiter-mit-der-bonner-oper/

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Der Autor: Michael Lobeck
Ich moderiere Veranstaltungen und berate öffentliche und private Akteure zu guter Kommunikation in der Stadtentwicklung. Ich halte auch Vorträge zu Sinn und Unsinn von Smart Cities und schreibe Bücher zu dem Thema. Wenn Sie mehr darüber erfahren wollen, was ich für Sie tun kann, melden Sie sich gerne bei mir.

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