22. März 2019 – 14. Stadtgestaltung im Dialog – Südstadtgärten kommen gut an

Foto des Bauvorhabens Südstadtgärten in Bonn-Kessenich, Spielplatz im Quartier

Der offensichtlich genutzte Spielplatz inmitten des neuen Quartiers Südstadtgärten. Foto: Michael Lobeck, Lizenz: CC BY 4.0, https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/

Licht, hell, großzügig – so wirken die Gebäude des Ensembles „Südstadtgärten“, die auf dem Gelände des ehemaligen Opel-Autohauses an der Reuterbrücke entstanden sind. Das finden die Teilnehmer*innen der 14. Veranstaltung „Stadtgestaltung im Dialog“ vom Bund deutscher Architekten Bonn/Rhein-Sieg (BDA), Volkshochschule Bonn (VHS) und mir.

Wie geht es mit der Entwicklung Richtung Süden weiter?
Wer war wie am Projekt beteiligt?
Was hat die Bürgerbeteiligung bewirkt?

Von 2015 bis heute

Die Südstadtgärten haben wir mit dem Seminar „Stadtgestaltung im Dialog“ im Jahr 2015 schon einmal besucht. Damals stand das Bonn-Center noch und der Bebauungsplan 7820-40 „Südstadtgärten“ war gerade verabschiedet – mit „Mehrheit gegen BBB“.

Hier finden Sie die Beschlussvorlage aus dem Ratsinformationssystem, darin auf den Seiten 8-47 alle Stellungnahmen im Rahmen der Beteiligung, auf den Seiten 48-71 die Abwägungsüberlegungen der Stadt, wie mit den Stellungnahmen umzugehen ist und auf den Seiten 72-91 die Begründung des Bebauungsplans.
Hier finden Sie den beschlossenen Bebauungsplan als Kartenwerk.

Panorama-Foto von der Baustelle an der Reuterbrücke zum Wohnungsbauvorhaben der Garbe Bonn GmbH & Co.KG, Hamburg.

Panoramafoto von der Baustelle „Südstadtgärten“ im Jahr 2015. Foto: Michael Lobeck, Lizenz CC-BY 4.0; Panorama: Autostitch (http://www.cs.bath.ac.uk/brown/autostitch/autostitch.html)

Bei der Vorbereitung der Veranstaltung hatte ich die etwas surreale Erfahrung einer Zeitreise. Die neuen Gebäude sind in Google Maps im Luftbild gut zu erkennen. Zoomt man jedoch auf die Straßenebene, wechselt das Bild zum ehemaligen Opel-Autohaus. Neue Streetview-Bilder wird es wohl aus Deutschland auch nicht geben (s. Bericht tagesschau 23.7.18).

Heute sieht die Eingangssituation zum Quartier so aus:

Foto des Bauvorhabens Südstadtgärten in Bonn-Kessenich, Panoramaaufnahme von der Eingangssituation in das Quartier mit umliegenden Gebäuden

Panoramaaufnahme von der Eingangssituation in das Quartier mit umliegenden Gebäuden angrenzender Straßen. Foto: Michael Lobeck, Lizenz: CC BY 4.0, https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/

Gut erkennbar ist, dass in der Realisierung der Planung die Höhen der neuen Gebäude (auf dem Panoramafoto die linken beiden Baukörper) zu den anderen Gebäuden durchaus harmonieren. Auf unserer Veranstaltung 2015 (link zum Bericht hier) berichtete die Bürgerinitiative noch darüber, dass sie gegen zu hohe und dicht Bebauung protestiert hatte. Der Investor Garbe Immobilien-Projekt GmbH aus Hamburg lies sich an einigen Stellen von den Argumenten der Bürger*innen überzeugen. Der Plan der Architekten LRW Architekten und Stadtplaner, der 2013 aus einem Wettbewerb als Siegerentwurf hervorgegangen war, wurde in der Folge mehrfach angepasst.

Außen massiv – innen kleinteilig und freundlich

Die Teilnehmer*innen der Veranstaltung am 22. März 2019 lobten das fertige Ergebnis des intensiven Austauschprozesses.

Foto der Moderationskarten mit den Anmerkungen der Teilnehmer*innen zu den Südstadtgärten

Anmerkungen der Teilnehmer*innen zu den Südstadtgärten
Foto: Michael Lobeck, Lizenz: CC BY 4.0

Das Erscheinungsbild der 220 Wohneinheiten wurde als kleinteilig und vielfältig wahrgenommen, trotz des aus Schallschutzgründen sechsgeschossigen Riegels, der den Innenhof zur Reuterstraße und zur Bahn abschirmt. Dieser Riegel wurde denn von außen auch als relativ massiv wahrgenommen, trotz der strukturierenden Fassadenelemente.

Foto des Bauvorhabens Südstadtgärten in Bonn-Kessenich, Panoramaaufnahme von Nordostfassade an der Bahn

Von außen wirkt der Riegel zur Bahn recht massiv. Foto: Michael Lobeck, Lizenz: CC BY 4.0, https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/

Das Architekturbüro LRW war nicht begeistert von der Auflage, alle Aufenthaltsräume nach innen zu verlagern. Aus Sicht des Büros hätte es auch andere Möglichkeiten gegeben, die für die Bewohner*innen ein gutes Wohnen ermöglicht hätten. Der Versuch, die Bonner Verwaltung zum Beispiel von Loggien zu überzeugen, die lärmschutzgedämmt genutzt werden können, war nicht erfolgreich. Damit hätte die Aussenfassade erheblich strukturierter gestaltet werden können. (Hier eine Broschüre, die diesen Gedanken erläutert)

Die Gestaltung im Innenhof wurde von den Teilnehmer*innen als nicht massiv, mit großzügigen Abständen und hellem freundlichen Material beschrieben. Der Blick vom Eingangsbereich in das Quartier macht diesen Eindruck vielleicht nachvollziehbar:

Foto des Bauvorhabens Südstadtgärten in Bonn-Kessenich, Panoramaaufnahme vom Eingangsplatz in das Quartier hinein

Aufgelockerter Eindruck trotz drei- bis sechsgeschossiger Bebauung. Foto: Michael Lobeck, Lizenz: CC BY 4.0, https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/

Die Anordnung der Aufenthaltsräume zum Innenhof führte zu einer interessanten Gestaltung der Fassaden, die durch geschickt angeordnete Vor- und Rücksprünge eine aufgelockerte Gliederung erhielten.

Weiter nach Süden?

Die Frage, ob und wann die Führung der Straße und  eines bahnbegleitenden Radwegs in Richtung Süden weitergeht oder weitergehen sollte, wurde kontrovers diskutiert. Auch die Frage ob südlich nicht Wohnungsbau anschließen könnte. Fast alle Teilnehmer*innen fanden eine Weiterführung zumindest der Straße und des Radwegs sinnvoll. Wie aber die Nutzer der Kleingartenanlage davon überzeugt werden sollten, Teile ihrer Parzellen für solche Zwecke herzugeben, dazu gab es wenig Ideen. Die Diskussion, ob und wie stark die Nutzer*innen durch das Bundeskleingartengesetz geschützt seien, war nicht zu klären. (Dieser Text aus Hamburg deutet an, wie ein Lösung aussehen könnte – wenn es denn Ersatzflächen gibt)

Zumindest scheint sich in Bonn derzeit keine politische Mehrheit zu finden, die bereit wäre, den Streit mit den Kleingärtner*innen trotz des angespannten Wohnungsmarktes anzugehen.

Zusätzlicher Verkehr

Ein weiterer wichtiger Aspekt wurde von einer Anwohnerin eingebracht, die erklärtermaßen nicht gegen die Bebauung des ehemaligen Opel-Areals mit den 220 Wohneinheiten der Südstadtgärten war. Die Lärmbelastung der Anwohner durch Verkehr aus dem Gebiet habe zugenommen. Morgens ab fünf/sechs Uhr sei an ein Schlafen mit offenem Fenster nicht mehr zu denken. Alle Räume ihrer Wohnung seien zur Straße hin orientiert und das Bremsen und Anfahren der Autos sei ausgesprochen störend. Herr Schwolow vom Büro ulrich | hartung, der den Bebauungsplan maßgeblich erarbeitet hat, wies darauf hin, dass die Untersuchungen zur zusätzlichen Belastung, die von den Südstadtgärten ausgehen, gezeigt hätten, dass die Mehrbelastung innerhalb der zu tolerierenden Werte läge. Dass das subjektiv ganz anders wahrgenommen werden könne, teilte er. Die Anwohnerin überlegt nun umzuziehen, da die Lebensqualität für sie erheblich abgenommen habe.

Der ruhende Verkehr dürfte durch die neuen Wohnungen weniger belastet werden. Durch den Protest der Bürgerinitiative erhöhte die Garbe Immobilien-Projekt GmbH die Anzahl der Stellplätze in der Tiefgarage auf einen pro Wohneinheit. Zusätzlich stehen im direkten Außenbereich noch 45 Stellplätze für Besucher*innen zur Verfügung.

Fazit: Schauen Sie es sich einmal an

Noch viele weitere Aspekte wurden in den zweieinhalb Stunden vor Ort diskutiert. Von sinvollen und weniger sinnvollen Formen der Bürger*innenbeteiligung über gute Arbeitsteilung zwischen Investor und Stadt bis hin zur Frage, ob nicht ein Gemeinschaftsraum in so einem Quartier eine gute Sache wäre. Das hätten wir gerne den neuen Eigentümer gefragt, der das gesamte Objekt vor kurzem von der Garbe Immobilien-Projekt GmbH gekauft hatte. Ein Kontakt zur auf der Homepage der mondial kapitalverwaltungsgesellschaft mbH genannten Ansprechpartnerin ist aber in der Woche vor der Veranstaltung leider nicht zustande gekommen.

Wichtig war, dass die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger den ursprünglichen Plan eher verbessert hat. Die Dimension ist etwas kleiner geworden, die Parkplätze wurden ausgeweitet, die Gebäude wurden etwas kleinteiliger und der Eingang zum Quartier ist von der August-Bier-Straße besser einsehbar. Ohne einen sehr diskussionsbereiten und in vielen Themen auch kompromissbereiten Investor wäre eine solche Qualifizierung aber nicht leicht gefallen.

Foto des Bauvorhabens Südstadtgärten in Bonn-Kessenich, Panoramaaufnahme vom Eingang der Kindertagesstätte aus

Blick vom Kindergarten im Süden Richtung Norden. Foto: Michael Lobeck, Lizenz: CC BY 4.0, https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/

Machen Sie sich selbst ein Bild. Fahren Sie mal hin und schauen Sie es sich an. Wenn Sie dazu die Beschlussvorlage des Rates lesen, die die Abwägungsentscheidungen begründet, können Sie an der einen oder anderen Stelle nachvollziehen oder zumindest erahnen, wie es zu diesem gelungenen Bauen an der Bahn in Bonn hat kommen können.

 

Ende Juni in der Bonner Altstadt – Hotel oder Wohnen in der alten Post?

Die 15. Veranstaltung der Reihe „Stadtgestaltung im Dialog“ beschäftigt sich mit der „Altstadtpost“. Am 29. Juni 2019 treffen wir uns in der Bonner Altstadt um gemeinsam zu diskutieren, ob ein Hotel oder Wohnungsbau für den Standort besser wäre und ob es einen Weg gibt, Eigentümer und mögliche Investor*innen davon zu überzeugen. Infos und erforderliche Anmeldung auf der Seite der Volkshochschule.

Herzlichen Dank an Herrn Schwolow von ulrich | hartung für die tatkräftige Unterstützung und auch an die Anwohnerin, die uns einen Einblick in ihre durch den Verkehr verändert Wohnsituation gegeben hat!

 

Mehr Artikel über Bonn oder zum Thema Stadtentwicklung hier im Blog.

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Portraitfoto Michael LobeckDer Autor: Michael Lobeck
Ich moderiere Veranstaltungen und berate öffentliche und private Akteure zu guter Kommunikation in der Stadtentwicklung. Ich halte auch Vorträge zu Sinn und Unsinn von Smart Cities und schreibe Bücher zu dem Thema. Wenn Sie mehr darüber erfahren wollen, was ich für Sie tun kann, melden Sie sich gerne bei mir.

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