Es war ein spannender Abend. Rund 50 Bürgerinnen und Bürger waren in den Saal der Volkshochschule (VHS) Bonn nach Godesberg gekommen, um mit Politik und Unternehmern über den Stand und die Zukunft der Entwicklung der Bad Godesberger Innenstadt zu diskutieren. Wohnen in der Innenstadt, neue Gestaltungsideen der Verwaltung, ehrenamtliches Engagement, Medizintourismus und ganz viele Beispiele dafür, dass gerade tatsächlich viel passiert waren die Themen.
Auf dem Podium saßen:
- Günter Gottmann, Vorsitzender Stadtmarketing Bad Godesberg,
- Helmut Rübsamen, Architekt der FFIRE City Terrassen GmbH,
- Frank Katzer, Geschäftsführer der Leyendeckers und Trend Man GmbH sowie
- Bezirksbürgermeisterin Simone Stein-Lücke
und haben sich von mir gut moderieren lassen.
Drei Themen hatte ich vorbereitet, die aufeinander aufbauten:
- Welche Funktion soll die Godesberger Innenstadt erfüllen und für wen?
- Was passiert derzeit Positives?
- Was fehlt noch und wer könnte etwas dazu beitragen, dass es kommt?
Auf die Frage zu Beginn, was den vier GesprächspartnerInnen an der Godesberger Innenstadt gefällt, fielen Sätze wie: „Hier bekomme ich alles, was ich brauche.“, „Die vielen inhabergeführten Fachgeschäfte, in denen man als Person wahrgenommen und fachkundig beraten wird.“, „Die Vielfalt des Angebots.“ aber auch „Am meisten das Entwicklungspotenzial.“
Auf dem Podium herrschte Einigkeit, dass Wohnen in der Innenstadt belebend wirkt und durch zahlreiche Projekte gerade unterstützt wird. Sowohl die City-Terassen, die ich mir vor kurzem in der Reihe „Stadtgestaltung im Dialog“ mit dem Bund Deutscher Architekten (BDA) Bonn Rhein Sieg, und 25 interessierten Bürgerinnen und Bürgern angeschaut habe, als auch die Entwicklung bei Möbel Frantz und am Michaelshof lassen Wohnraum in der Innenstadt entstehen. Die Idee, auf dem Theaterplatz eine Gastronomie in einem zusätzlichen Gebäude unterzubringen, wurde nicht einhellig begrüßt. Zwar wäre eine Ausweitung des gastronomischen Angebots grundsätzlich gut, aber die Fläche würde für die vielen Märkte, die die Innenstadt belebten, fehlen.
Das Publikum griff beim Thema Wohnen den schon viel diskutierten Medizintourismus auf. Einerseits wurde dieser als Geldquelle gesehen, andererseits wurden aber auch illegale Vermietung und kulturelle Schwierigkeiten im Alltag beschrieben. Deutlich wurde hier, dass keine Einigkeit über die Funktion der Innenstadt besteht. Ein Teilnehmer wollte die Innenstadt als Wohnviertel verstanden wissen, in dem Tourismus und geschäftliche Wohnungsvermietung keinen Platz habe, andere sahen gerade in der Tradition des BAD Godesberg und auch der Diplomaten zur Zeit der Hauptstadt Bonns eine Chance an eine internationale Geschichte des Stadtteils anzuknüpfen.
Godesberg würde außerhalb des Stadtteils in einem schlechten Licht erscheinen. Die veröffentliche Meinung über Godesberg sei fast durchgängig negativ. Ein Teilnehmer schilderte die Vorbehalte seiner Freunde aus der Schweiz, die ihn in Godesberg nicht besuchen würden, weil sie es für zu unsicher hielten. Unklar blieb jedoch, wer was dagegen tun kann, dass Medien generell schlechte Nachrichten eher verbreiten als positive. Irgendwer solle aber Godesberg besser darstellen, da es so viele positive Aspekte gäbe.
Hierin herrschte zwischen Publikum und Podium auch weitgehend Einigkeit – es passiert zur Zeit viel Positives, was die Innenstadt angeht und es gibt viel Engagement von Unternehmen, von Ehrenamtlichen und auch von der Verwaltung und Politik. Es fehle noch an einer einheitlichen Zielsetzung für den Stadtteil, an einem Markenkern, einem Profil.
Inhabergeführte Fachgeschäfte, die sich sowohl an anspruchsvollen älteren Kundinnen und Kunden orientieren, als auch Medizintouristen gerne bedienen, reichen dazu wohl nicht aus. Vielleicht kann das Internationale in einer neuen Interpretation dazu beitragen. Vielleicht ist Bad Godesberg aber – trotz der vermutlich bleibenden Kammerspiele – doch nur ein Stadtteilzentrum wie andere auch.
UPDATE 21.5.16: Artikel des General-Anzeiger über die Podiumsdiskussion
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Nächste Veranstaltung in der Reihe „Stadtgestaltung im Dialog“:
Konrad-Adenauer-Platz Beuel – Wie kommt Gestaltung in die Stadt?
Samstag, 18.6.16, Treffpunkt: Eingang zum Beueler Rathaus, Friedrich-Breuer-Str. 65
Anmeldung: VHS Bonn
Die Neubebauung am Konrad-Adenauer-Platz in Beuel ist in der Bevölkerung insbesondere aus gestalterischen Gründen durchaus umstritten. Wir wollen bei diesem Stadtspaziergang darüber diskutieren, wie Gestaltung an prominenten Baukörpern zustande kommt, welche Akteure und Argumente eine Rolle für das Produkt spielen.
Nach einer 45-60 minütigen Besichtigung des Objektes haben wir die Gelegenheit, die Fragen zum Objekt und seiner Entstehung voraussichtlich im Rathaus Beuel zu diskutieren. Angefragt werden für die Diskussion Vertreter von Investor, Architekt und Stadtplanung. Eine Veranstaltungsreihe der VHS in Kooperation mit dem BDA Bonn-Rhein-Sieg.
Die Reihe Stadtgestaltung im Dialog
Wie entsteht eine Stadt? Wer entscheidet mit über die Gestaltung von Flächen und Gebäuden? Wo können Bürger hier Einfluss nehmen? Wie kann Gestaltungsqualität sichergestellt werden, die mehr ist als „gefällt mit“ oder kurzlebige Mode?
Die Veranstaltungsreihe „Stadtgestaltung im Dialog“ will zu konkreten Flächen und Gebäuden in Bonn diese Fragen stellen und diskutieren. Dies geschieht nicht (nur) im Seminarraum, sondern vor Ort. Mindestens anschauen, im Idealfall besichtigen und möglichst mit den unterschiedlichen Verantwortlichen (Eigentümer, Architekten, Stadtplaner, Nutzer) diskutieren.
Ein Schwerpunkt auf bestehende oder geplante Wohngebäude soll ermöglichen zu klären, wie und wo mit hoher Qualität ein Beitrag zur Linderung des Wohnungsengpasses in Bonn geleistet werden kann.
Weitere Artikel zu Moderationen finden Sie hier.
Weitere Artikel zu Stadtentwicklung finden Sie hier.
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Der Autor: Michael Lobeck
Ich moderiere Veranstaltungen und berate öffentliche und private Akteure zu guter Kommunikation in der Stadtentwicklung. Ich halte auch Vorträge zu Sinn und Unsinn von Smart Cities und schreibe Bücher zu dem Thema. Wenn Sie mehr darüber erfahren wollen, was ich für Sie tun kann, melden Sie sich gerne bei mir.