Am Mittwoch, 6.5.15, ist das Bildungsforum des Vogelsbergkreises mit dem Titel „Auf dem Weg zur inklusiven Vogelsberger Bildungslandschaft“ gestartet. Der erste Kreisbeigeordnete und Schuldezernent des Vogelsbergkreises, Peter Zielinski, hatte zu einer breiten Diskussion über die Zukunft der Schulen im Dialog mit den betroffenen Schulen, Schülerinnen und Eltern eingeladen. Die Fortschreibung des Schulentwicklungsplanes im Jahr 2016 steht auf dem Programm.
Zur öffentlichen Auftaktveranstaltung am Mittwoch, 6. Mai 2015 um 14 Uhr in der Aula der Schule an der Wascherde waren mehr als 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer gekommen. Die Vorträge von Vertretern des Kultusministeriums und Prof. Preuss-Lausitz wurden engagiert diskutiert. Es war deutlich zu spüren, dass die Weiterentwicklung der Schulen für die die Vogelsbergerinnen und Vogelsberger ein wichtiges Thema ist, das mit Herzblut verfolgt wird.
Zu Beginn erläuterte Peter Zielinski, Erster Kreisbeigeordneter und Bildungsdezernent des Vogelsbergkreises die Ziele des Bildungsforums. Es gehe darum, erstmalig in einer breiten Diskussion mit vielen Beteiligten einen transparenten Prozess zur Erarbeitung des Schulentwicklungsplanes umzusetzen. Wichtig sei neben den klassichen Bedarfen der Schulentwicklung insbesondere die Inklusion, die Berücksichtigung des demographischen Wandels, der zu einem erheblichen Schülerrückgang führen wird und der integrativen Betrachtung von Schulentwicklung mit Jugendhilfe und dem Übergang von Schule in den Beruf.
Referatsleiter Ralf Hörnig, der im Hessischen Kultursministerium das Referat Regionale Schulentwicklung vertritt und der später einmal den Schulentwicklungsplan, den der Kreistag des Vogelsbergkreises beschließt, fachlich genehmigen muss, stellte zu Beginn die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Schulentwicklungsplanung dar. Moderator Michael Lobeck hatte vorher darauf hingewiesen, dass Hessen im bundesdeutschen Vergleich ein Bundesland sein, in dem auf die kooperative Entwicklung von Schulentwicklungsplänen zwischen Schulträger und Land besonders viel Wert gelegt würde. Herr Hörnig verwies auf die aus seiner Sicht in diesem Zusammenhang wichtigsten Bestimmungen des Hessischen Schulgesetzes:
- § 137 regelt das Zusammenwirken von Land und Schulträger
- § 144 verpflichtet die Schulträger dazu, Schulen für alle angestrebten Bildungsgänge vorzuhalten
- § 144a macht Größenvorgaben für die Schulorganisation
- § 145 regelt das Verfahren und die Inhalte der Schulentwicklungsplanung
- § 146 regelt Errichtung, Organisationsänderung und Aufhebung von Schulen
Nach Herrn Hörnig erläuterte Prof. Ulf Preuss-Lausitz von der TU Berlin, der sich seit mehreren Jahrzehnten wissenschaftlich mit der Frage der Inklusion beschäftigt (auch wenn sie früher noch nicht so genannt wurde), den Stand der Forschung zum Thema.
In fünf Abschnitten erläuterte er die wichtigsten Aspekte, die aus seiner Sicht für Inklusion eine Rolle spielen:
- Die Differenz von Zielen und realer Entwicklung bei den Inklulsionsbemühungen
- Die Bedingungen des Aufwachsens heutiger Kinder – mit und ohne Beeinträchtigungen
- Die Forschungsergebnisse zu separater im Vergleich zu inklusiver Schulbildung
- Vorschläge für den Weg zu einer inklusiven Einzelschule
- Vorschläge für eine regionale Inklusionsentwicklung
Der von ihm noch vorgesehene sechste Aspekt „Vorschläge für die inklusive Landes- und Bundeseben“ fiel der fehlenden Zeit zum Opfer.
Die Präsentationen von Herrn Hörnig und von Herrn Prof. Preuss-Lausitz werden den Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Forums zur Verfügung gestellt und sollen eventuell auch auf der Webseite des Vogelsbergkreises zum Download angeboten werden.
Daniel Bognar, Referatsleiter des Referates für Inklusion im Kultusministerium, erläuterte anschließend die Sicht des Ministeriums auf die Chancen und Rahmenbedingungen der Inklusion.
Christiane König, die Geschäftsführerin des Projektbüros Inklusion, das von der Landesregierung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention gegründet wurde, stellte neben Kriterien, die das Land an gelingende Inklusion anlegt, Anregungen aus der bisherigen Erfahrung mit Inklusionsprozessen vor.
In der anschließenden sehr engagiert geführten Diskussion waren insbesondere folgende Themen wichtig:
- Wie kann der Übergang von getrennten Schulen (Förderschulsystem) zu inklusiven Schulen gelingen?
- Wie kann dabei sichergestellt werden, dass Schülerinnen und Schüler mit besonderen Unterstützungsbedarfen diese Unterstützung auch in der Übergangszeit erhalten?
- Wie stattet das Land die Schulen, die jetzt zusätzliche Aufgaben (Inklusion) übernehmen sollen, aus?
- Welche Ausstattung von Schulen ist notwendig, um den Übergang von getrennten Schulen zu inklusiven Schulen zu ermöglichen?
Einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten auch Protestplakate mit in die Veranstaltung gebracht, auf denen sie darauf hinwiesen, dass die aktuelle Situation für sie nicht zufriedenstellend ist. Sie beklagten fehlende Unterstützung und Sparen auf Kosten der Kinder.
Die Veranstaltung war nur der Auftakt des Bildungsforums des Vogelsbergkreises. Die Arbeit geht in vier Arbeitskreisen weiter, die sich bis Oktober 2015 jeweils dreimal treffen werden, bevor am 18.11.2015 wiederum in der Schule an der Wascherde in Lauterbach in einer öffentlichen Abschlussveranstaltung die Ergebnisse der Arbeitskreise dargestellt werden.
Die Arbeitskreise bearbeiten folgende Themen:
- AG 1: Wie sieht im Vogelsbergkreis die inklusiv arbeitende Grundschule der Zukunft aus? Wo sind die Schulen verortet?
(Moderation: Monika Schenker und Kirsten Wegwerth, Volkshochschule des Vogelsbergkreises) - AG 2: Wie sieht im Vogelsbergkreis die inklusiv arbeitende weiterführende Schule der Zukunft aus? Wie wird optimal gefördert? Wo sind die Schulen verortet?
(Moderation: Michael Lobeck von Quaestio Forschung & Beratung Bonn) - AG 3: Übergang Schule – Beruf
(Moderation: Andrea Ortstadt, Vogelsberg Consult Gesellschaft für Regionalentwicklung und Wirtschaftsförderung GmbH) - AG 4: Schule und Jugendhilfe
(Moderation: Jochen Leeder, Regionales Medienzentrum Gießen-Vogelsberg)
Die Ergebnisse der Arbeitskreise werden dann in die Erstellung des Schulentwicklungsplans des Vogelsbergkreises einfließen, so Peter Zielinski, Erster Kreisbeigeordneter und Bildungsdezernent. Den Schulentwicklungsplan verabschiedet dann der Kreistag.
Einen Bericht des Vogelsbergkreises über die Veranstaltung finden Sie hier.
[UPDATE 8.5.15]
Einen Bericht des Lauterbacher Anzeigers (von Annika Rausch) finden Sie hier.
Die Auftaktveranstaltung und die Arbeitsgruppe „Weiterführende Schulen“ wurde von Michael Lobeck von Quaestio Forschung & Beratung Bonn moderiert. Im Januar hatte Herr Lobeck dem Ausschuss für Schulen, Kultur und Sport des Kreises die Ergebnisse des Facharbeitskreises Schule/Bildung des für Raumordnung zuständigen Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vorgestellt. Dieser Arbeitskreis wurde von ihm und KollegInnen von Quaestio im Rahmen des „Aktionsprogramms Regionale Daseinsvorsorge“ moderiert.
Diese Arbeitsgruppe von Experten hatte sich im Laufe eines Jahres viermal getroffen um die besonderen Bedingungen zukünftiger Schulversorgung im ländlichen Raum zu diskutieren und Vorschläge für eine optimale Versorgung zu erarbeiten. An dem Modellvorhaben der Raumordnung (MORO) nahmen 21 Modellregionen teil, unter anderem der Vogelsbergkreis. Einen Zwischenstand der Diskussion finden Sie in der Publikation „MORO-Informationen 10/3“ (pdf, 1MB). Der Endbericht wird in Kürze erscheinen.
Bei Interesse an der Moderation solcher oder ählicher Veranstaltungen oder an Beratung zu Verfahren der Optimierung regionaler Daseinsvorsorge insbesondere in den Bereichen Schule und Gesundheit, wenden Sie sich bitte an:
Michael Lobeck
Quaestio Forschung & Beratung
Friesenstr. 17
53175 Bonn
+49 163 2579124
lobeck@quaestio-fb.de