Stadtentwicklung in Bonn ganz konkret / BDA, VHS und promediare / Tolle Veranstaltung mit 25 TeilnehmerInnen / Forderung nach ständigen offenen Planungswerkstätten

 

Panorama-Bild von Fläche im Innenhof eines Baublockes in der Bonner Altstadt

Foto: Michael Lobeck, CC-BY 3.0; Panorama: Autostitch (http://www.cs.bath.ac.uk/brown/autostitch/autostitch.html)

Mit 25 Teilnehmerinnen und Teilnehmer hat heute der Stadtspaziergang mit Diskussion von BDA, VHS und promediare stattgefunden. Es ging um die Hintergründe und Abwägungen zu einem nicht realisierten Bauprojekt im Innenhof hinter dem noch relativ neuen Penny-Markt „Am Frankenbad 5“.

Mit einer Forderung nach ständigen offenen Planungswerkstätten für das gesamte Stadtgebiet ging das engagierte Seminar zu Ende.

Nach Besichtigung des Geländes, die der Eigentümer freundlicherweise ermöglicht hatte, ging es in einem gemeinsamen Spaziergang in die Räume der „alten“ VHS in der Wilhelmstraße. Viele Fragen und Antworten zum Projekt, zu Bebauungsplänen allgemein und der Frage von Verfahren und Zuständigkeiten wurden diskutiert. Die meisten konnten vom Moderator Michael Lobeck, dem Planungsamtsmitarbeiter Markus Walter und von kundigen Teilnehmerinnen und Teilnehmern selbst beantwortet werden.

 

Kartenausschnitt aus OpenStreetMap mit Ansicht des Baublocks Am Frankenbad, Adolfstr., Bornheimer Str., Hochstadenring.

Karte: OpenStreetMap, Lizenz: http://opendatacommons.org/licenses/odbl/

Herr Walter, der den vorhabenbezogenen Bebauungsplan, der in 2012 eingeleitet wurde, auf Seiten der Stadt betreut hatte, begleitete dankenswerterweise die Veranstaltung sehr kenntnisreich. Er ist für die Erarbeitung von Bebauungsplanvorentwürfen in den Ortsteilen Bonn-Zentrum, Bahnhofsbereich, Südstadt, Weststadt und innere Nordstadt zuständig. Es ging in der Diskussion am Beispiel eines Bauvorhabens direkt südlich anschließend an den Penny-Markt am Frankenbad um die Frage, wie unterschiedliche Interessen verschiedener Parteien sinnvoll aufgeglichen werden können. Der Eigentümer wollte hier – über den geltenden Bebauungsplan 7623-12 (Begründung) aus dem Jahre 1983 hinausgehend – ein viergeschossiges Gebäude errichten und an den Verein Granatapfel e.V. vermieten, der altersübergreifendes Wohnen plante.

Zahlreiche Anwohner waren von diesem Ansinnen und dessen Umsetzung aber nicht begeistert und wandten sich in einer Bürgerversammlung und mit Unterschriftenlisten an die Politik. Die Bezirksvertretung Bonn, die laut Bezirkssatzung der Stadt für die Durchführung von Bürgerbeteiligung in Bebauungsplanverfahren zuständig ist, lehnte zwar den Stop des Verfahrens am 25.9.12 noch ab, entschied dann aber am 04.12.2012 doch gegen die Offenlage des Bebauungsplanes und damit gegen die vorgelegten Pläne und im Sinne des Anwohnerprotests. Der Rat vollzog diese Entscheidung nach und bestätigte am 31.01.2013 die Aufhebung des Bebauungsplanverfahrens.

Die Entwicklung des gesamten Verfahrens kann anhand der Dokumente im Bonner Ratsinformationssystems (BORIS) nachvollzogen werden. Eine Zusammenstellung der wichtigsten pdf-Dokumente zum Projekt können Sie per Mail hier anfordern.

Auch eine gute Übersicht geben die Artikel des General-Anzeiger aus der damaligen Zeit. Hier eine Zusammenstellung der links zu den Artikeln.

Nach der engagierten Diskussion von Vor- und Nachteilen des Entwurfs des Eigentümers für die viergeschossige Bebauung im Innern des Baublocks Am Frankenbad, bat der Moderator Michael Lobeck die Teilnehmer der Veranstaltung um eine Einschätzung, ob denn die Entscheidung der Bezirksversammlung und des Rates nun eher die Durchsetzung von Einzelinteressen dokumentiere oder eine Abwägung und Ausgleich aller legitimen Interessen durch die Politik stattgefunden habe. Das eher heterogene Ergebnis sehen Sie hier:

 

Foto von der Einschätzung der Teilnehmer des Seminars "Stadtgestaltung im Dialog" von BDA, VHS und promediare am 25.4.15.

Foto: Michael Lobeck, CC-BY 3.0

Aufbauend auf der Diskussion und der offensichtlichen Einschätzung, dass bis zu einem überzeugenden Ausgleich aller legitimen Interessen – zumindest in der Wahrnehmung zahlreicher Seminarteilnehmer – noch einiges zu tun bleibt, wurde gemeinsam überlegt, welche Schritte, Methoden und Möglichkeiten es denn ganz konkret gäbe, um einen solchen Interessenausgleich zu befördern.

Foto des Flipcharts mit Ergebnissen des Seminars Stadtgestaltung im Dialog von BDA, VHS und promediare am 25.4.15.

Foto: Michael Lobeck, CC-BY 3.0

Die Vorschläge reichten von Ideen, um in ganz konkreten Maßnahmen zu besseren Ergebnissen zu kommen bis hin zu sehr grundsätzlichen Überlegungen, die die Kultur der Auseinandersetzung der Stadtgesellschaft mit der Gestaltung der Stadt generell betreffen.

In konkreten Projekten wäre hilfreich:

  • Transparenz über die Interessen und Ziele der Akteure herzustellen, um zu vermeiden, dass gegenseitiges Mißtrauen entsteht. (Dieser Vorschlag speiste sich u.a. aus der Beobachtung, dass im hier diskutierten konkreten Projekt bei Anwohnern der Eindruck entstanden war, dass der Eigentümer erst im Laufe des Prozesses sein Anliegen des zusätzlichen Baus eines viergeschossigen Baus im Blockinnenbereich offenlegte.)
  • Die möglichst frühe Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern bei konkreten Vorhaben – möglichst nicht konfrontiert mit fertigen Plänen, sondern eher mit Interessen und Ideen, die dann Bürgerinnen und Bürgern, die sich in Werkstätten beteiligen noch kreativen Handlungsspielraum lassen.
  • Die Verbesserung der Kommunikation unterschiedlicher Akteure durch eine unabhängige Moderation von Beteiligungsprozessen und die Nutzung der unterschiedlichen Möglichkeiten der Kommunikation (vor Ort und Versammlungen ebenso wie neue Medien)

Grundsätzlich hilfreich bei der Gestaltung der Stadt:

  • Bürgerinnen und Bürger sowie Experten unterschiedlicher Disziplinen regelmäßig und frühzeitig bei der Schaffung von Planungsrecht einbeziehen. Das beinhaltet die vom BDA schon länger formulierte Forderung, die Bonner Bebauungspläne, die häufig mehrere Jahrzehnte alt sind, systematisch zu überarbeiten. Die Idee, das gesamte Stadtgebiet „reihum“ einer laufenden Planung zu unterziehen, die von der Stadtgesellschaft begleitet wird, fand großen Anklang. Ständige offene Planungswerkstätten reihum für das gesamte Stadtgebiet ermöglichten eine viel bessere Auseinandersetzung der Bürgerschaft mit der Gestaltung der Stadt, so die These.
  • Gute Beispiele aus anderen Städten und Ländern zur Kenntnis nehmen und in den Planungsprozess einzuspeisen.
  • Stadtgestaltung als elementare Aufgabe der Bürgerinnen und Bürger selbst begreifen und sie u.a. auch in formale Bildungsprozesse zu integrieren.

Sowohl in konkreten Projekten als auch in übergeordneter Planung ist auch eine „Anwaltsplanung“ zu integrieren für diejenigen Interessen, die von den Betroffenen nicht artikuliert werden, sei es aus fehlenden Ressourcen heraus oder weil die jeweilige Gruppe (in die Stadt ziehende) nicht greifbar ist. Darüber hinaus wurde deutlich formuliert, dass Partizipation eine fachlich versierte Stadtentwicklung nicht ersetzen, sondern ergänzen solle.

Am 13. Juni 2015 geht die Reihe „Stadtgestaltung im Dialog“ mit dem Titel „Bauen an der Bahn – Möglichkeiten und Grenzen“ weiter. BDA, VHS und promediare bieten an, sich mit dem ehemaligen Opel-Gelände an der Reuterbrücke zu beschäftigen und an diesem zu diskutieren, wie in Bonn Wohnungsbau möglich ist und wie auch hier die unterschiedlichen Interessen (z.B. von zukünftigen und jetzigen Bewohnerinnen und Bewohnern, Investoren und Aufsichtsbehörden) auszugleichen sind.

Information und Anmeldung für die Veranstaltung am 13. Juni 2015 „Bauen an der Bahn – Möglichkeiten und Grenzen“ auf der Seite der VHS.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert