Zwischen Blog, BootCamp, Open Data und Datenschutz. Bonn als Smart City? Die Themen von Zukunftsstadt. Ein Expertengespräch zur Rolle digitaler Technologien im urbanen Raum.

Blick vom Podium des Expertengesprächs Zukunftsstadt im Bonner Universitätsforum

Ca. 80 Besucherinnen und Besucher hatten sich auf den Weg ins Bonner Universitätsforum in der Heussallee gemacht, um ein Expertengespräch zur Rolle digitaler Technologien im urbanen Raum zu verfolgen. Die Veranstalter, das „Forum Internationale Wissenschaft der Universität Bonn“ und die „Bonner Akademie für Forschung und Lehre praktischer Politik (BAPP)“ hatten eingeladen:

„Städte stehen heute vor vielfältigen Herausforderungen. Digitale Technologien übernehmen hierbei wichtige Funktionen: Unter dem Label ‚Smart City’ werden intelligente Systeme in die städtische und häusliche Infrastruktur integriert, E-Government modernisiert Verwaltungsstrukturen, IT-Initiativen eröffnen neue Wege der Bildung und Partizipation im urbanen Raum und Blogger-Szenen prägen die Kommunikation in und über eine Stadt auf eine neue Art und Weise.“

Franz-Reinhard Habbel, der Sprecher und Direktor für politische Grundsatzfragen des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB) führte in die Diskussion ein. Gewohnt plastisch sprach er vom neuen Rathaus, dass 12,8 cm hoch, 5,8 cm breit und ca. 1 cm dick sei. Er sprach von drei Dingen, die wir bräuchten, um die Herausforderungen der Digitalisierung zu meistern: Vertrauen, Risikobereitschaft und Innovation. Diese drei seien aber in Deutschland schwer zu finden. Habbel ist selbst ein aktiver Blogger und spielt virtuos mit virtuellen Medien. Unter anderem schreibt er einen jeden Sonntag einen 10-Minuten-Newsletter „für Bürgermeister, Ratsmitglieder und Kandidaten“.

Simone Stein-Lücke, Inhaberin einer PR-Agentur, Bezirksbürgermeisterin für Bad Godesberg und Initiatorin und Gründerin von BG3000, der IT-Modellregion Bad Godesberg, war der Ansicht, dass die deutsche Jugend veräppelt würde, da ihr die systematische Ausbildung mit modernen Informations- und Kommunikationsmedien vorenthalten werde. Die Deutschen träten auf die Bremse, andere seien wesentlich weiter, z.B. die Afrikaner. Bad Godesberg solle zur IT-Modellregion werden, mit kleinen Angeboten, an denen man freiwillig teilnehmen könne.

Michael Lobeck, freiberuflicher Berater für Stadtentwicklungsprozesse und Mitarbeiter des Geographischen Instituts der Universität Bonn stellte das Smart-City-Projekt T-City Friedrichshafen vor, das zwischen 2006 und 2012 von der Deutschen Telekom und der Stadt Friedrichshafen am Bodensee durchgeführt wurde. Als Projektleiter der Evaluation des Projektes, die vom Geographischen Institut der Uni Bonn durchgeführt wurde, erläuterte er die Vorteile und Schwierigkeiten des Projekts. Mehr Infos zur Evaluation des ersten echten Smart-City-Projektes in Deutschland im Buch Smart City konkret und auf der Seite www.stadtundikt.de.

Sascha Foerster, der hauptberuflich für die Max-Weber-Stiftung den Blog de.hypothesis.org betreut und als begeisterter Blogger u.a. den Blog-Aggregator bonnerblogs.de erschaffen hat, in dem er alle Blogs über Bonn, deren er habhaft werden kann zusammenführt. 50 Beiträge über Bonn würden täglich erscheinen und über alle möglichen Facettern der Stadt informieren. Ein digitaler Layer ziehe sich über die gesamte Stadt. Am 28.2. könne man das auch life bei einem Barcamp erleben.

Björn Müller-Bohlen moderierte das – leider zu kurze – Gespräch sehr angenehm und souverän. Nach der ersten Runde, als alle Podiumsteilnehmer ein bisschen erzählt hatten, was ihnen wichtig war, äußerte Michael Lobeck Unverständnis zum Projekt von Frau Stein-Lücke. Sascha Foerster hätte doch gerade sehr schön gezeigt, dass für die „Jugend, die angeblich so veräppelt würde“ im Netz ganz schon viel möglich sei und dass sie ein Projekt zur Förderung vielleicht gar nicht bräuchte. Programmieren lerne sie im Netz. Und dass die Deutschen auf der Bremse stünden würde er mit denjenigen, mit denen er zu tun hätte, nicht erleben.

Das lies sich nicht so recht klären, so dass das genaue Ziel von BG3000 an diesem Abend nicht recht klar wurde. Geld war gesammelt, „privates“, das war sehr wichtig, damit die Stadt nicht reinredet und alles verzögert, aber am Folgetag, am 4.12., wenn dieser Text entsteht, gibt es ein Kick-Off von BG3000, und wir werden sicher bald mehr dazu erfahren können.

Aus dem Publikum kamen dann noch Fragen und Statements zum Thema des mangelnden Datenschutzes generell, der für eine Demokratie gefährlich und nicht akzeptabel sei sowie die Frage, warum das Projekt in Godesberg denn nicht zum Beispiel mit der Stadtbücherei vor Ort kooperiere und dann war der Abend auch schon vorbei.

Der Twitter-Stream mit dem Hashtag #fiwdg blieb recht leer.

Trotz der Kürze, die eine Klärung so mancher Frage erschwerte ein gelungener Auftakt zu einer Diskussion ob und wenn ja wie Bonn eine Smart City werden kann oder will und was das dann genau bedeuten könnte.

UPDATE 8.12.14: Auch bei der Bonner Akademie für Forschung und Lehre praktischer Politik (BAPP) ist ein Bericht zur Veranstaltung erschienen.

 

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