180 Besucher bei der Diskussion zum Festspielhaus am 2. Dezember 2014 im Geographischen Institut der Uni Bonn

Beethoven Halle vom anderen Rheinufer aufgenommen

Foto: „Carsten aus Bonn“, Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by-nd/2.0/

180 Besucherinnen und Besuchern haben bei der Podiumsdiskussion zum Bonner Festspielhaus am 2. Dezember 2014 engagiert diskutiert. Im Rahmen des 41. Städtebaulichen Seminars ging es um die weitere Entwicklung des Projektes.

Die Kenner und Unterstützer des Projektes auf dem Podium:

  • Dr. Stephan Eisel, Vorstandsvorsitzender Bürger für Beethoven e.V.
  • Heiner Küpper, Berater des Projektleiters für das Festspielhaus der Deutsche Post DHL
  • Prof. Sigurd Trommer, ehem. Präsident der Bundesarchitektenkammer, Mitglied der Jury für das Festspielhaus
  • Wolfgang Grießl, Präsident IHK und Vorsitzender Beethoven Festspielhaus Förderverein e.V.

erläuterten auf die Frage von Michael Lobeck, Berater und Moderator in Stadtentwicklungsfragen, ihre Motivation, sich für das ambitionierte Projekt einzusetzen.

„Es handelt sich in erster Linie um ein Wirtschaftsförderungsprojekt und erst in zweiter Linie um ein Projekt der Kultur.“ war die übereinstimmende Einschätzung aller vier Gesprächspartner.

„Diese Chance darf man sich nicht entgehen lassen“ meinte Sigurd Trommer. „Wenn wir das jetzt nicht machen, wer sollte es denn dann tun?“ Trommer hielt ein Plädoyer für eine Orientierung an Visionen und nicht am Status Quo: „Zukunft muss man auch wagen“. Trotz des berechtigten Wunsches die Zahlen in der Öffentlichkeit zu diskutieren, könne man nicht alles berechnen.

Stephan Eisel sagte: „Mit dem Bau des Festspielhauses spart die Stadt Bonn 20 Millionen Euro bei der Sanierung der Beethovenhalle.“ Er wies daraufhin, dass es bei der Diskussion wichtig sei, die tatsächlichen Alternativen miteinander zu vergleichen und nicht nur Festspielhaus bauen oder nicht bauen. Zu diser Argumentation hat er auch auf seiner Webseite eine Aufstellung veröffentlicht.

Der Präsident der IHK, Wolfgang Grießl, betonte die ökonomischen Auswirkungen eines Festspielhauses für die Stadt und für die Region: „Baden-Baden spielt jährlich gut 50 Millionen Euro in die Stadt. Wir haben konservativ kalkuliert und gehen für Bonn und die Region von ca. 15 Millionen Euro pro Jahr aus. Nach einer Anfangsphase bedeutet das auch ca. 200.000 bis 300.000 Euro jährliche Steuermehreinnahmen für die Stadtkasse.“

Heiner Küpper stellte das Verfahren und die von der Jury ausgewählten drei Architektur-Entwürfe vor. Mit den drei Entwürfen werde jetzt weitergearbeitet. Sie würden von General-Unternehmern geprüft und die Baukosten marktgerecht kalkuliert. Im ersten Quartal 2015 soll dann eine Entscheidung für einen Entwurf getroffen werden. „Nur wenn Ende 2015 die Finanzierung für Bau und Betrieb sicher sind und die Kosten von 70 Millionen für das Gebäude nicht überschritten werden, bauen wir, sonst bauen wir nicht. Die zugesagten 30 Millionen Euro der Deutschen Post stehen für dieses Projekt zur Verfügung – nicht für ein anderes.“

Die Diskussion mit dem Publikum berührte viele Themen. Hier ein Aufstellung der wichtigsten Fragen/Anmerkungen und Antworten der Podiumsteilnehmer:

Glauben Sie wirklich, dass Sie bis Ende 2015 noch die fehlende Summe für die Finanzierung zusammen bekommen?

„Sonst würden wir hier nicht sitzen. Wir müssen ca. 85 Millionen Euro finanzieren – 70 Millionen für den Bau und ca. 15 Millionen für die Innenausstattung. Es gibt die Zusage der Post für 30 Millionen Euro, 9 Millionen Euro hat der Beethoven Festspielhaus Förderverein bei Bonner Bürgern bereits eingesammelt. Jetzt startet der Verein Bürger für Beethoven seine Aktion Beethoven-Taler. Es ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Wir glauben, wir können sie schaffen. Schaffen wir es nicht, wird nicht gebaut.“

Im General-Anzeiger war die Rede von 175.000 Besuchern jedes Jahr, mit denen im Business-Plan kalkuliert wird. Das bedeutet alle 2 Tage eine Veranstaltung mit 1.000 Besuchern. Halten Sie das wirklich für realistisch?

Der Business-Plan liegt noch nicht vor. Die Zahlen aus dem General-Anzeiger stammen aus einer Entwurfsfassung, die ihm offensichtlich zugespielt wurde. Im Janaur wird die endgültige Fassung aber vorliegen und dann auch der Politik und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Die Größenordnung an geplanten Besuchern wird aber ungefähr stimmen. Baden-Baden hat ungefähr diese Besucherzahl im Jahr. Das Beethoven-Festival allein kommt schon auf 35.000 bis 40.000 Besucher jedes Jahr. Wir halten die Zahl für erreichbar.

Aber das Klassik-Publikum geht doch eher zurück?

Das ist ein subjektiver Eindruck, der von Studien nicht bestätigt wird. So hat eine Umfrage im Auftrag der Körber-Stiftung gezeigt, dass jeder fünfte Deutsche im Jahr 2013 ein klassisches Konzert besucht habe. Das sind vor 10 Jahren auch nicht mehr gewesen. Sicher wäre es schön, wenn das noch mehr wären, aber daran müssen wir arbeiten.

Es muss doch ein Gesamtkonzept unter Einbindung der Beethovenhalle geben. Diese Halle – wie immer man zu ihr steht – ist doch ein wichtiges Baudenkmal für Bonn. Wird die Chance eines Beethoven-Campus von den Festspielhaus-Aktiven denn gesehen?

Auf jeden Fall sollte ein gemeinsames Konzept von Festspielhaus und Beethovenhalle und möglichst noch darüber hinaus erarbeitet werden. Das werden wir auch angehen, sobald der Bau und Betrieb des Festspielhauses grundsätzlich gesichert ist. Erste Ideen und Gespräche gibt es schon jetzt. Wünschenswert wäre, Beethoven insgesamt noch viel stärker ins Bonner Bewußtsein zu tragen. Auch Schulen mit einem Musikschwerpunkt könnten integriert werden.

Haben Sie die Bürgerinnen und Bürger bei dem Projekt genug mitgenommen?

Ja und Nein. Einerseits zeigt das große Engagement in den beteiligten Vereinen und die bisher eingesammelte Summe von 9 Millionen Euro schon jetzt von einer großen Beteiligung zahlreicher Bürger. Die 5.500 Besucherinnen und Besucher, die sich die Architektur-Entwürfe in der Ausstellung im Post-Tower angesehen haben sprechen auch dafür, dass sich viele Bürger für das Projekt interessieren. Wir brauchen aber noch eine stärkere Vermittlung der Fakten, des Nutzens für Alle. Wir arbeiten – ehrenamtlich – daran, noch mehr Bürgern als bisher deutlich zu machen, dass das Festspielhaus eine große und einmalige Chance für die Stadt ist.

Auf die abschließende Frage des Moderators Michael Lobeck, was sich die Podiumsteilnehmer nach dem heute gehörten noch vorstellen könnten, um die Bürgerinnen und Bürger Bonns noch mehr für das Projekt zu begeistern, äußerten die Gesprächsparter den Wunsch, die Medien würden die Chancen des Projektes deutlicher darstellen und die Kritiker, die sich derzeit durch Pressemitteilungen und Leserbriefe engagierten, würden einen echten Dialog mit den Befürwortern des Projektes führen. Alle Kritik sei ihnen recht, sie würden auch ihre Meinung ändern, wenn sie überzeugt würden, ein Gespräch müsse aber auch stattfinden, um Fakten und Argumente auszutauschen.

[Update 4.12.14: Auch der General-Anzeiger hat über den Abend recht ausführlich berichtet.]

 

Auf der Webseite des General-Anzeigers finden Sie generell einige Artikel mit Hintergrundinformationen zum Projekt. Derzeit gibt es in der Zeitung fast täglich einen Schlagabtausch auf der Leserbriefseite. Von (nicht im Original zitiert, sondern gefühlt paraphrasiert): „die paar reichen Hansel können doch nach Köln fahren“ bis zu „das Bonn einen Konzertsaal auf internationalem Niveau braucht ist bei der Mehrheit der Bürger unumstritten“. Die derzeit stattfindende Online-Konsultation über den Bonner Haushalt, in der die Bürgerinnen und Bürger ihre Meinung zu Stadtteilbibliotheksschließungen und Schwimmbadschließungen sagen dürfen, bildet einen spannenden HIntergrund für die Diskussion.

Auf den Seiten des Deutschen-Architektur-Forums finden Sie eine engagierte Diskussion zum Thema aus gestalterischer Sicht, auf der Webseite Kultur-in-Bonn finden Sie kritische Anmerkungen zum finanziellen Engagement der Stadt bei gleichzeitiger Kürzung im Kulturbereich.

Das Städtebauliche Seminar wird jedes Semester von der Professur für Städtebau und Bodenordnung der Universität Bonn (Prof. Dr.-Ing. Theo Kötter) und den örtiichen Gruppen folgender Berufsverbände organisiert:

Kurzlink zu diesem Beitrag: http://wp.me/pqWSY-3S

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