Positives Fazit der Begleitforschung
Die T-City Friedrichshafen, das erste umfassende Smart-City-Projekt Deutschlands, ist beendet. Nach fünf Jahren Laufzeit stellte die unabhängige Begleitforschung am 24./25.5.2012 in Friedrichshafen ihr Fazit vor. Die Stadtforscher vom Geographischen Institut der Universität Bonn kommen zu einem positiven Fazit – auch wenn nicht alle hochgesteckten Ziele erreicht werden konnten. Der Abschlussbericht „Smart City konkret – Eine Zukunftswerkstatt in Deutschland zwischen Idee und Praxis“ schließt mit der Feststellung, dass es mehr derartige Projekte in Deutschland und weltweit braucht.
Der Begriff der „Smart City“ wird im Feld der Stadtentwicklung derzeit viel diskutiert. Die Deutsche Telekom und die Stadt Friedrichshafen haben in den letzten fünf Jahren viele Ideen und Projekte, die eine Stadt „smarter“ machen, auf den Weg gebracht. Wie kam es dazu?
2006 rief die Telekom zu einem Ideen-Wettbewerb von Klein- und Mittelstädten in Deutschland auf. Gesucht wurde nach Vorschlägen, wie mittels breitbandiger IKT-Technologie die Lebensqualität, die Standortqualität und die Vernetzung in einer Stadt erhöht werden konnte. 52 von über 400 aufgerufenen Städten zwischen 25.000 und 100.000 Einwohnern bewarben sich mit über 1.000 Einzelideen. In zwei Auswahlrunden entschied sich Anfang 2007 eine mehrheitlich mit unabhängigen Experten besetzte Jury für die Stadt Friedrichshafen am Bodensee.
Neben der Ausstattung mit modernster Breitbandinfrastruktur hatte die Stadt mit dem Sieg im Städtewettbewerb die Zusage der Telekom gewonnen, bis zu 80 Mio. Euro in Personal-, Geld- und Sachleistungen innerhalb von fünf Jahren in gemeinsame Projektentwicklungen und –umsetzungen zu investieren.
Die gesamt Stadtgesellschaft war aufgerufen sich mit Ideen zu Projekten zu beteiligen. Nicht nur die Stadtverwaltung oder der Rat der Stadt sollten Partner der Telekom werden. Einzelne Bürgerinnen und Bürger, Vereine, Organisationen, Unternehmen, Schulen, Freiberufler – alle sollten sich beteiligen an der Gestaltung eines Innovationsprojektes, dass die gesamte Breite städtischen Lebens erfassen sollte.
Ungewöhnlich für ein solches von einem Unternehmen initiiertes Großprojekt war die unabhängige Begleitforschung, die von Anfang an die Aufgabe hatte, zu untersuchen, ob die selbstgesteckten Ziele auch erreicht wurden. Mit jährlichen Telefonbefragungen von jeweils zufällig ausgewählten 1.000 Bürgern und 150 Unternehmensvertretern und insgesamt über 200 ausführlichen Interviews mit Menschen aus allen Bereichen der Stadtgesellschaft wurde die Sicht der Bevölkerung zum Projekt erhoben. Expertengespräche und die Auswertung von Presse, Homepages und Dokumenten ergänzten die Erhebungen.
Auf der Tagung „e-motion 2012“ wurden am 24./25. Mai 2012 in Friedrichshafen die Ergebnisse über 200 Teilnehmern vorgestellt. Vertreter interessierter Gemeinden, Forschungsinstitutionen und Unternehmen der IuK-Branche sowie Mitwirkende aus dem Projekt zeigten ein besonderes Interesse an den dargestellten übertragbaren Lösungen und Lernerfahrungen der Partner.
Das Fazit der Tagung, das auch in dem Buch „Smart City konkret – Eine Zukunftswerkstatt in Deutschland zwischen Idee und Praxis“ nachzulesen ist, ist durchaus positiv. Besonders betonen die Forscher von der Universität Bonn, dass Telekom und Friedrichshafen – im Gegensatz zu vielen anderen Akteuren, die von Smart Cities sprechen – tatsächlich gewagt haben, eine solche Smart City in Deutschland konkret zu realisieren. Über fünf Jahre wurden in über 40 Einzelprojekten Lösungen für den Alltag der Bürger und Unternehmen entwickelt, die für die Stadtgesellschaft und die Telekom Vorteile bringen.
Die beiden unterschiedlichen Partner des Projektes – Deutsche Telekom und Stadt Friedrichshafen – haben im Laufe des Projektes viel gelernt. Das betrifft nicht nur die konkrete Umsetzung einzelner Projekte, sondern ebenso den Umgang miteinander. Ein internationaler Kommunikationskonzern tickt etwas anders als eine schwäbische Mittelstadt. Beide Partner profitieren durch diese Erfahrungen für weitere Projekte.
Die angestrebte breite Beteiligung und Begeisterung der Bevölkerung ist hingegen nicht gelungen. Für viele Bürger blieb das Thema zu abstrakt. Vielleicht wurde auch zu viel von allen Partnern verlangt, wenn man erwartet, dass sich Bürger, Vereine, Unternehmen, Verwaltung und auch die Telekom in einem auf fünf Jahre angelegten offenen Entwicklungsprozess engagieren, von dem niemand am Anfang wissen konnte, was am Ende herauskommt. Vielleicht sind auch die auf den ersten Blick lang erscheinenden fünf Jahre Projektlaufzeit nicht lang genug, um sich gemeinsam in einer Stadtgesellschaft auf den Weg zu machen, Zukunft gemeinsam zu erfinden.
Die positiven Ergebnisse überwiegen diese Einschränkungen nach Einschätzung der Bonner Forscher jedoch deutlich. Die zahlreichen umgesetzten Einzelprojekte nützen Stadt und Telekom direkt. Wichtiger noch ist vermutlich der angestoßene Diskussionsprozess um die Frage, welche positiven Effekte für die Städte mit der Anwendung von Informationstechnologien zu erreichen sind. Es braucht mehr derartige Projekte in Deutschland und weltweit.
Der Endbericht als Buch:
Beispielseiten auf der Homepage des Jovis Verlages
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